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Belichtungsmessung und Belichtung

1. Die Belichtung

Unter der Belichtung versteht man den Vorgang der Einwirkung von Licht auf den Bildsensor bzw. das lichtempfindliche Filmmaterial. Das von Robert Bunsen und Henry Roscoe formulierte Reziprozitätsgesetz (welches auch heute noch uneingeschränkt bei Digitalkameras gilt) besagt, dass die fotografische Auswirkung einer Belichtung vom Produkt der Lichtintensität und der Belichtungsdauer abhängig sei. D. h., dass eine geringe Lichtintensität bei langer Belichtungsdauer die gleiche Wirkung hervorruft, wie einer intensive Lichtintensität bei kurzer Belichtungsdauer, sofern nur das Produkt beider Faktoren gleich ist:  

{Belichtung = Lichtitensität x Belichtungsdauer}

Die Belichtungszeit
Die Belichtungszeit regelt die Dauer der Einwirkung des Lichtes auf den Sensor und beeinflusst so die Lichtmenge. Fotografisch beeinflusst sie auch die Bildstatik bzw. Dynamik. Bei Kameras wird sie durch die Dauer der Öffnung des Verschlusses geregelt und wird somit auch als Verschlusszeit bezeichnet.

Die genormte Belichtungszeitenreihe [s]:

  ... 2 - 1 - 1/2 - 1/4 - 1/8 - 1/15 - 1/30 - 1/60 - 1/125 - 1/250 - 1/500 - 1/1000 - 1/2000 ...

 Die Verschlusszeit wird bei Kameras in der Regel in 1/Sekunde [1/s] angegeben. Als Beispiel entspricht die 125 auf dem LCD-Display oder der Verschlusszeitenskala der Kamera somit 1/125 s. Ganze Stufen entsprechen dann einer Verdoppelung bzw. Halbierung der Verschlusszeit. Gegenüber 1/125 entspricht 1/60 somit der doppelten und 1/250 der halben Verschlusszeit.

Wegen der Verwacklungsgefahr bei Aufnahmen aus freier Hand ohne Stativ gilt die Regel, dass die Verschlusszeit in Sekunden maximal 1/Brennweite in mm betragen sollte. D. h., dass bei einer Brennweite von 50 mm die Verschlusszeit maximal 1/50 s betragen sollte.

Die Blende
Die Blende bezeichnet die Größe der Lichteintrittsöffnung des Objektivs und ist neben der Belichtungszeit die zweite Möglichkeit die Lichtmenge die auf den Bildsensor fallen soll zu regeln. Sie ist auch ein Maß für die Lichtstärke des Objektivs. Des Weiteren beeinflusst sie die Schärfentiefe. Die Größe der Blendenöffnung wird in Blendenzahlen angegeben.

Je größer die Blendenöffnung, desto kleiner die Blendenzahl! Die Lichtmenge, die in einer bestimmten Zeit durch die Blendenöffnung hindurchgelangt, ist gemäß der Berechnung der Kreisfläche dem Quadrat des Blendendurchmessers proportional. Wird demzufolge der Blendendurchmesser um den Faktor √ 2 (Quadratwurzel aus 2) vergrößert, so verdoppelt sich die Fläche der Öffnung und damit auch die auf den Film treffende Lichtmenge. Die nächst höhere Blendenzahl ergibt jeweils eine Halbierung und die nächst niedrigere Blendenzahl eine Verdopplung der Lichtmenge. So ergeben die rechnerischen Unterschiede zwischen den Blendenzahlen den Faktor √ 2. Theoretisch müssen alle Objektive (unabhängig von Modell und Hersteller) bei der gleichen Blendenzahl auch die gleiche Lichtmenge pro Fläche durchlassen.

Die genormte Blendenreihe:

... 1 - 1,4 - 2 - 2,8 - 4 - 5,6 - 8 - 11 - 16 - 22 - 32 - 45 ...

Bei einigen Objektiven entsprechen die kleinsten Blendenzahlen nicht genau der Blendenzahlen der genormten Blendenzahlenreihe. Hier handelt es sich um konstruktionsbedingte Zwischenwerte. Blendenzahlen werden auch oft mit dem Brennweitenverhältnis f angegeben, z. B. f/5,6

Die Änderung der Blende und damit veränderte Schärfentiefe (mehr dazu im Kapitel 5) lässt sich gemäß dem Reziprozitätsgesetz durch eine andere Verschlusszeit ausgleichen. Misst man z. B. bei Blende 8 eine Verschlusszeit von 1/125 s, so sind zahlreiche Kombinationen von Verschlusszeiten und Blendenzahlen möglich, die für einen bestimmten Lichtwert die jeweils gleiche Belichtung des Bildes ergibt.

 Man hat zwar die gleiche Belichtung aber man kann mit den verschiedenen Zeit-Blendenkombinationen auch die Darstellung unseres Fotomotivs hinsichtlich Dynamik und Schärfentiefe beeinflussen. Die Regelung von Verschlusszeit und Blende wird somit zu einem wichtigen Faktor der Bildgestaltung. Hieraus ergeben sich:

{Zeit = Konturschärfe} und {Blende = Schärfentiefe}

Kombinationen       
Blendenzahl 2,84,05,68111622
Verschlusszeit1/10001/5001/2501/1251/601/301/15

2. Die Belichtungsmessung

Um eine richtige Belichtung zu gewährleisten, also um sicherzustellen das genau die richtige Lichtmenge auf den Sensor oder Film trifft um das Bild nicht über- oder unter zu belichten, muss das vorhandene Licht mit einem Belichtungsmesser gemessen werden. Mit dem Messergebnis können dann die richtigen Werte für Belichtungszeit und Blende an der Kamera eingestellt werden. Hierbei gibt es zwei vollkommen unterschiedliche Arten der Belichtungsmessung: Die Lichtmessung und die Objektmessung.

Die Lichtmessung
Bei der Lichtmessung werden mit dafür geeigneten Handbelichtungsmessern die tatsächlichen Lichtverhältnisse unabhängig von der Motivhelligkeit gemessen. Dabei wird im Gegensatz zur Objektmessung nicht das vom Objekt reflektierende Licht, sondern das auf das Objekt einfallende Licht gemessen. Das Messergebnis kann dann direkt an der Kamera mit Zeit und Blende eingestellt werden. Diese Methode hat den Vorteil, dass die Reflektionseigenschaften des Motivs im Gegensatz zur Objektmessung keine Rolle spielen. Auch eine Graukartenmessung (wird im folgenden erklärt), wird hierbei überflüssig. Vorraussetzung für die Messung ist allerdings, das man die Lichtsituationen soweit einschätzen kann, dass der Belichtungsmesser sinnvolle Werte liefern kann. Gegenlichtsituationen sind z. B. für die Lichtmessung nicht so gut geeignet. 

Die Objektmessung
Bei der Objektmessung wird das vom Motiv ausgehende (reflektierte) Licht gemessen. Sie führt bei durchschnittlichen Motiven zu guten Ergebnissen. Die Objektmessung ist die am häufigsten angewendete Messmethode und weitgehend alle modernen Kameras haben Belichtungsmesser für diese Methode eingebaut. Sie messen dabei genau das Motivlicht, das durch das Aufnahmeobjektiv auf den Sensor oder Film fällt. Man spricht hier von TTL-Messung (TTL= Through The Lens). Bei der Objektmessung selbst unterscheidet man verschiedene Meßmethoden. Jede Messmethode hat ihre Vor- und Nachteile und ihre Anwendung hängt von der Aufnahmesituation ab. Moderne und gute SLR-Kameras beherrschen in der Regel verschiedene Messmethoden, die man nach Bedarf und Motiv frei wählen kann:

Mobirise

Mittenbetonte Integralmessung

Die Gewichtung der Messwerte ist in der unteren Bildhälfte und im Zentrum stärker als in den oberen Bildbereichen und am Rand, um die Auswirkung des hellen Himmels gering zu halten. Diese Messmethode findet in modernen Kameras in der Regel kaum noch Anwendung.

Mittenbetonte oder Selektivmessung
Die Gewichtung der Messwerte liegt bei modernen SLR-Kameras bei ca. 75/25 %. Das heißt, dass der zentrale Messkreis zu 75 % und die restliche Bildfläche zu 25 % in die Belichtungsmessung einfließen. Sie ist je nach Motiv und Anwendung eine zuverlässige Messmethode.

Mehrfeldmessung
Hier wird das Bild in verschiedene Zonen zerlegt. Die Messwerte haben in den einzelnen Zonen die gleiche Gewichtung und werden nach einem Matrixsystem mit vielen tausend gespeicherten Vergleichswerten bewertet. Bei modernen Systemkameras werden auch die Farben interpretiert und der Fokuspunkt berücksichtigt. Für Standartsituationen bringt die Mehrfeldmessung eine hohe Quote richtiger Belichtungen. Auch asymmetrische Belichtungssituationen und Lichtstimmung werden erstaunlich gut behandelt. 

Spotmessung
Die Gewichtung der Messwerte liegt bei ca. 95/5 % oder sogar noch extremer. Das heißt, dass bei diesen Werten der zentrale Spotmesskreis zu 95 % und die restliche Bildfläche nur zu 5 % in die Belichtungsmessung einfließen. Für Fotografen mit guten fotografischer Erfahrung ist diese Methode eine interessante Messmethode aber für Anfänger sehr mit Vorsicht zu genießen.

Der Belichtungsmesser sieht nur grau
Für die genormten Belichtungsmesser - egal ob in digitalen oder analogen Kameras integriert oder als separate Handbelichtungsmesser - sehen alle Bildmotive immer gleich aus: Es ist eine gleichmäßige graue Fläche das 18 % des auffallenden Lichtes reflektiert! Dieser Wert entspricht einem durchschnittlichen Grauwert unterschiedlichster Motive. Diese Arbeitsweise der Belichtungsmesser bei der Objektmessung hat Folgen: 

Beispiel:
Ein schwarzer Anzug eines weitgehend bildfüllenden Bräutigams wird nicht schwarz, sondern dunkelgrau abgebildet, da der Belichtungsmesser dem Irrtum unterliegt, er sehe eine Fläche von 18 % grau. Um den Anzug auf dem Foto realistisch schwarz abzubilden, muss die Belichtung nach Minus (-) korrigiert werden. Das Foto muss also in Bezug auf die tatsächliche Belichtungsmessung etwas unterbelichtet werden.

Das weiße Brautkleid seiner Gemahlin wird auf einem separaten Foto nicht weiß, sondern hellgrau abgebildet, da der Belichtungsmesser wieder dem Irrtum unterliegt, er sehe eine Fläche von 18 % grau. Um das Brautkleid auf dem Foto realistisch weiß abzubilden, muss die Belichtung nach Plus (+) korrigiert werden. Das Foto muss also in Bezug auf die tatsächliche Belichtungsmessung etwas überbelichtet werden. 

Wenn man nun wissen will welche Werte für Verschlusszeit und Blendenwert einzustellen sind, damit eine weiße Fläche auch weiß und eine schwarze Fläche schwarz abgebildet wird, benötigt man ein Objekt als Hilfsmittel, das genau dem entspricht was der Belichtungsmesser zu messen glaubt. Zu diesem Zweck gibt es die so genannte Graukarte. Es ist eine genormte graue Fläche, die 18% des auffallenden Lichtes reflektiert. Diese Karte wird direkt vor das aufzunehmende Objekt gehalten und angemessen. Die mit der Graukarte ermittelten Belichtungswerte ergeben nun die exakte Belichtung. Wenn keine Graukarte zur Hand ist, kann man auch die Asphaltfarbe einer trocken Straße oder eine dicht bedruckte Zeitung als Ersatz verwenden.

3. Die automatische Belichtung

Neben der manuellen Belichtungssteuerung, bei denen der Fotograf Verschlusszeit und Blende manuell einstellen muss, gibt es auch Belichtungsautomatiken. Bereits 1963 wurde von Konica erstmals eine Belichtungsautomatik in eine Kleinbildkamera integriert. Die Wichtigsten sind hier die Zeit-, Blenden-, und Programmautomatik. Moderne System-Kameras beherrschen neben der manuellen Einstellung in der Regel alle drei Automatikfunktionen und haben auch immer eine Möglichkeit der Belichtungskorrektur. Bei den so genannten Motivprogrammen kann man die Automatikfunktionen in der Regel nicht beeinflussen und man ist ihnen somit hilflos ausgeliefert.

Zeitautomatik
Bei der Zeitautomatik wählt der Fotograf die gewünschte Arbeitsblende am Objektiv vor und die Kamera stellt entsprechend der Belichtungsmessung die Belichtungszeit automatisch ein. Mit der Zeitautomatik und Blendenvorwahl kann man somit gut die Schärfentiefe der Aufnahme steuern.

Blendenautomatik
Bei der Blendenautomatik wählt der Fotograf die gewünschte Belichtungszeit an der Kamera vor und die Kamera stellt entsprechend der Belichtungsmessung die erforderliche Blende automatisch ein. Mit der Blendenautomatik und Zeitvorwahl kann man somit gut die Dynamik und die Konturschärfe der Aufnahme steuern.

Programmautomatik
 Bei der Programmautomatik stellt die Kamera entsprechend der Belichtungsmessung nach einem bestimmten Programmverfahren die erforderliche Belichtungszeit und Blende automatisch ein. Die je nach Kameramodell individuelle Arbeitsweise und die dazugehörige Programmkurve findet man in den Anhängen der Handbücher des jeweiligen Kameramodells. 

Motivprogramme
Motivprogramme findet man hauptsächlich in Einsteigerkameras und haben die Aufgabe, die Kamerafunktionen so einzustellen, dass sie für ganz bestimmte Aufnahmesituationen geeignet sind um ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen. Im wesentlichen tun diese Motivprogramme aber nicht anderes als die Zeit und Blende wie bei der Programmautomatik zu steuern. Der Nachteil dabei ist, dass man z. B. bei einem "Sportprogramm" nicht unbedingt die gewünschten langen Zeiten (wie z. B. beim Mitziehen erforderlich) bekommt, da das Sportprogramm bevorzugt versucht Bewegungen mit kurzen Zeiten einzufrieren. Auch sonst hat man bei den Motivprogrammen keinen Einfluss und Korrekturmöglichkeiten auf die Belichtung. Mit genügend Erfahrungen weiß der Fotograf besser als jedes Motivprogramm wie er das Motiv anzumessen, Zeit und Blende einzustellen hat, um den gewünschten Effekt zu erzielen und die Motivprogramme werden dadurch mehr als überflüssig. 

4. Die Schärfentiefe

Unter der Schärfentiefe versteht man die räumliche Tiefe eines Motivbereiches, die in einer Abbildung scharf wiedergegeben wird. Genau genommen wird allerdings bei der Abbildung durch ein Objektiv nur eine Ebene - die Bildebene - scharf abgebildet. Alle Punkte vor und hinter dieser Bildebene werden, da für sie keine Scharfstellung vorgenommen wurde, auf dem Film als Kreisflächen abgebildet, deren Größe mit wachsender Entfernung von der Bildebene zunimmt. Auf Grund des begrenzten Auflösungsvermögens des menschlichen Auges werden diese Kreisflächen, solange sie eine bestimmte Größe nicht überschritten als Punkte und damit scharf wahrgenommen.

Man kann die Schärfentiefe nach bestimmten Regeln klein oder groß halten um z. B. bei Portrait-Aufnahmen eine Person bewusst durch einen unscharfen Hintergrund hervor zu heben bzw. frei zu stellen. Die Schärfentiefe stellt somit ein aktives Element der Bildgestaltung dar. 

Alle aktuellen auf dem Markt befindlichen SLR-Kameras arbeiten mit Offenblendenmessung. Das heißt, dass das Sucherbild auch beim Abblenden des Objektives, entsprechend dem kleinsten Blendenwert des Objektives, immer gleich hell bleibt. Die eingestellte Blende wird erst mit dem Auslösen und vor dem Öffnen des Verschlusses auf den eingestellten Wert geschlossen. Somit kann man im Sucher nicht die tatsächliche Schärfentiefe bestimmen. Dafür kann die Schärfentiefe mit der so genannten „Abblendtaste“ kontrolliert werden, welche die meisten SLR-Kameras eingebaut haben. Dabei wird die Blende auf den vorgewählten Blendenwert geschlossen. Das Sucherbild wird dadurch natürlich dunkler, aber man kann die Schärfentiefe vor der Aufnahme sehr gut bestimmen.

Die Schärfentiefe ist umso größer,  

- je kleiner die Blendenöffnung (je größer die Blendenzahl)  

- je größer die Aufnahmeentfernung

- je kleiner der Abbildungsmaßstab (Weitwinkelobjektiv)

Die Schärfentiefe ist umso kleiner,

- je größer die Blendenöffnung (je kleiner der Blendenzahl)  

- je kleiner die Aufnahmeentfernung (Makrobereich)

- je größer der Abbildungsmaßstab (Teleobjektiv/Makro)


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